Samstag, 25. Oktober 2008

Kinder: Lebensqualität in der Stadt

Kinder brauchenen natürliche Freiräume Nachfolgend ein kurzer Artikel zum Thema Lebensqualität von Kindern in der Stadt. Oder besser gesagt: Was bedeutet für unsere moderne Gesellschaft Lebensqualität? Denn nicht unsere Kinder bestimmen, was für sie Lebensqualität bedeutet, sondern unsere moderne (Wirtschafts)Gesellschaft erstellt die Vorgaben, nach denen Kinder glücklich zu sein haben.

Ausreichend Parkplätze, Shopping-Möglichkeiten, Golfplätze, zubetonierte und pflegeleichte Innenstädte und Rasen-Betreten-Schilder gegen Kinder? Immer weniger wird die Kindheit geprägt vom Miteinander mit dem, was wir früher mal unter Natur verstanden haben. Staudämme und Baumhäuser bauen, Kaulquappen fangen und in freier Natur "planlos" herumtoben und seine kindliche Fantasie austoben.

Immer mehr wird die Kindheit frühstmöglich auch auf Druck aus der Wirtschaft ordenlich und sauber durchorganisiert, effizient jeder Schritt geplant.
Es soll ja mal was aus den Kleinen werden. Dabei bleibt dann das, was die Kindheit ausmachen sollte, auf der Strecke. Die kindliche, unvoreingenommene Kreativität, im Spiel Lösungsmöglichkeiten für Probleme aller Art finden und ausprobieren, die Entwicklung einer eigenen und individuellen Persönlichkeit, die Begegnung mit der Natur nicht nur über Fernsehen, sondern eben "in natura".

Was wird denn nun aus unseren Kleinen. Erhalten wir auf diese Art eine Generation "denaturierter Menschen"? Ohne eigene Persönlichkeit. Im Wesen geprägt durch die Vorgaben aus Wirtschaft und Fernsehen, ohne emotionale Beziehung zur Natur. Effizient und strukturiert, fließend dreier Fremdsprachen mächtig, Computergenies mit viel Sachverstand ohne Herz und "kreativer Intelligenz"? Ich persönlich sehe die momentane Entwicklung eher skeptisch. Hoffe aber, dass unsere Gesellschaft erkennt, das es fatale Folgen hätte, unseren Kindern die Kindheit und die natürlichen Freiräume zu nehmen um sie so früh wie möglich in das Erwachsenen- und vor allem Wirtschaftsleben zu integrieren.


Der nachfolgende Artikel beschäftigt sich hauptsächlich mit dem Aspekt natürlicher Freiräume für Kinder


Vortrag von Prof. Dr. Dr. h.c. Karl Ganser
Quelle "kinderfreundliche Stadtgestaltung" (Ein Projekt des dtsch.Kinderhilfswerk e.V.)

Lebensqualität für Kinder in der Stadt.Was hat das mit Natur zu tun?

Naturlandschaften oder zumindest naturnah belassene Areale sind auf jeden Fall gut für die Natur. Ob die Menschen für ihre Entwicklung die unmittelbare Begegnung mit Natur im Sinne von "Wildnis" brauchen, hängt vom Menschenbild und somit von den Wertevorstellungen über den Sinn des Lebens ab. Anthropologen haben gute Argumente, dass sich der Mensch nicht ohne Schaden von seiner Einbindung in die Natur entfernen kann. Sozialwissenschaftler oder auch Pädagogen dagegen wollen in dem Komplexen Verhältnis von Mensch und Natur keine eindeutigen Abhängigkeiten erkennen. Das System sei offen und gestaltbar.

Bleiben wir also auf dem Standpunkt, dass Naturlandschaft essentiell für die Natur ist, unabhängig vom "Bildungswert" für den Menschen.
Dann sollte in der Gesellschaft mehr Verständnis für Naturlandschaften entstehen, in einer Zeit, wo diese schon weitestgehend zurückgedrängt und immer weiter "verbraucht" werden.

Wann und worüber wird dieses Verständnis begründet und ausgeformt? Das lässt sich durch Forschen und Lehren anlernen. So entsteht eine "gelernte" Einstellung. Wie tief sitzt diese? Wie "korruptionsbeständig" ist diese?
Meine Erfahrung: Tief verwurzelt ist mir die emotionale Begegnung mit Natur im Kindesalter. Diese hält durch, auch in Konfliktsituationen, wenn es um die Entscheidung. Natur oder wirtschaftlicher Vorteil geht.

Wir müssen uns also entscheiden, ob wir eine andere Mensch- Natur-Beziehung aus ethischen und praktischen Gründen wollen.

Dann scheint es zwingend, dass Kinder in ihren frühen Erfahrungen mit der Umwelt, der Natur unverfälscht, ungestaltet und unmittelbar begegnen. Also müssen in Stadt und Land solche Flächen, Areale und ganze Landschaften in der Nähe der Wohnungen ausgebildet werden.

Da herrscht in der Stadt und auf Land gleichermaßen ein riesiges Defizit.
Nicht bebaute Räume sind gerade in den großen Städten um den Faktor 10 knapper als Stellplätze für PKW. Wenn den Siedlungsaktivitäten Landschaften zugeordnet werden, dann werden diese "durchgestaltet" durch formale Architektur und "künstliche Spielangebote". Ja, immer mehr wird die geometrisch- verkünstelte Landschaftsgestaltung zum Modethema in Architektur und Städtebau. Da wird der "Freiraum" gezwungen und eingezwängt in einprägsame Bilder, die sich nicht zuletzt als Reklamefiguren für die Immobilienvermarktung hergeben müssen.

"Wildnis" in der Stadt als Gegenmodell ist wenig akzeptiert, entspricht nicht dem gelernten Bild von Park, ist unordentlich, ja hässlich. Eltern fürchten Gefahren für ihre Kinder, ist doch schon ein Insektenstich eine kleine Katastrophe.

So geht der Megatrend in den gesellschaftlichen Werten zur perfekt gestilten und gesicherten Indoor-Land-schaft: zu den Autowelten, Wellnesslandschaften, Einkaufsparadiesen, Golfplätzen... Skulpturenparks.

Das sind in erster Linie Landschaften für Erwachsene, wo sie ihre Kinder bequem "abstellen" können wie das Auto, um sich zu vergnügen.

Wie aber sollen Kinder Die Chance zur Naturbegegnung erhalten, wenn die Eltern schon komplett "denaturiert" sind? Eltern, Tanten, Onkel und Großeltern schenken den wenigen Kindern, die es in der Generation noch gibt zu jedem Ereignis noch immer mehr elektronischen und sonstigen Plunder, anstatt "Zeit für Natur".

So ist das Fernhalten der Kinder aus und von der Natur nur konsequent in der frühkindlichen Erziehung zum perfekten Konsumenten in einer hedonistischen Spielgesellschaft. Wie sonst ließen sich über die politisch gewünschte steigende Binnen-Nachfrage Wachstum und Beschäftigung stimulieren?

Die Chancen für die Natur stehen nicht gut. Was aus dem Menschen in solchen Zeiten wird, das wird sich irgendwann herausstellen.

Vielleicht ist da eine Wurzel der sekularen "Kinderverweigerung" mit schrumpfenden Bevölkerungszahlen angelegt.
Schon heute gibt es mehr schrumpfende Regionen. In den schrumpfenden Regionen schleicht sich die Natur wieder ein. Noch erkennen die Menschen darin nur Schreckliches und verkennen die Chance für eine andere Lebensführung, vielleicht sogar mit wieder mehr Kindern.


Keine Kommentare:

© terrapie´s PsychoBlog. Alle Rechte vorbehalten. Das Downloaden und die Vervielfältigung sämtlicher Inhalte bedarf der Zustimmung des entsprechenden Autors.Verlinkungen dürfen ohne Zustimmung der Autoren gemacht werden.