Dienstag, 22. März 2011

Placebo in der Medizin

März 2011 Verfolgt man die allgemeinen Diskussionen rund um das Thema Gesundheitsreform stellen sich als einer der größten Posten bei den Krankenkassen die Ausgaben für Arzneimittel dar. Berücksichtigt man weiterhin, dass immer mehr Medikamente aus eigener Tasche bezahlt werden müssen, lässt sich erahnen, wie viele Arzneimittel jährlich über die Theken deutscher Apotheken gehen.

Natürlich ist moderne Medizin ohne diese nicht denkbar, trotzdem darf die Frage erlaubt sein, ob nicht in vielen Fällen der Einsatz „chemischer Keulen“ unnötig schnell erfolgt. Und ob nicht z.B. über eine gesündere Lebensweise, die verstärkte Hinwendung zu Naturheilmitteln und anderes die Masse der Medikamente mit all ihren Nebenwirkungen reduziert werden könnte. Viel diskutiert in diesem Zusammenhang ist auch die persönliche Betreuung der Patienten vor allem durch den Hausarzt (oder auch den Apotheker). Und vor allem alteingesessene Hausärzte bemängeln die knappen Zeitvorgaben der Kassen für das persönliche Gespräch, obwohl gerade dieses wesentliches Element der fachgerechten Betreuung der Patienten sein sollte und im Einzelfall unnötige oder fehlerhafte Medikamentation vermeiden könnte.
Ohne dieses Thema Heute weiter zu vertiefen möchte ich an dieser Stelle auf den folgenden Artikel zum Thema „Placebo“ verweisen. Ein interessantes Thema im Rahmen der Diskussion über Sinn oder Unsinn der heutigen Arzneimittelpraxis.

Der Placebo-Effekt

Der sogenannte Placeboeffekt ist fast jedem ein Begriff. Viele verwenden ihn als Synonym für Wirkungslosigkeit oder einen nur „eingebildeten“ Nutzen. Nach einer Expertise von Wissenschaftlern wird man damit der Bedeutung von Placebo in der Medizin jedoch nicht gerecht. „Placebo wirken stärker und sehr viel komplexer als bisher angenommen. Ihr Einsatz ist von enormer Bedeutung für die ärztliche Praxis“, sagte Prof. Dr. Christoph Fuchs, Hauptgeschäftsführer der Bundesärztekammer (BÄK), bei der Vorstellung der jetzt in Buchform vorliegenden Stellungnahme des Wissenschaftlichen Beirats der BÄK „Placebo in der Medizin“. In der von einer Arbeitsgruppe des Wissenschaftlichen Beirats – unter Leitung von Prof. Dr. Robert Jütte – erstellten Publikation raten Experten, Ärztinnen und Ärzten bereits in der Ausbildung sowie in der Fort- und Weiterbildung tiefergehende Kenntnisse der Placeboforschung zu vermitteln. „Mit dem Einsatz von Placebo lassen sich erwünschte Arzneimittelwirkungen maximieren, unerwünschte Wirkungen von Medikamenten verringern und Kosten im Gesundheitswesen sparen“, sagte Jütte.


Der Vorsitzende des Wissenschaftlichen Beirats der Bundesärztekammer, Prof. Dr. Peter Scriba, betont im Vorwort der Publikation, dass die Untersuchung beide Bereiche des Einsatzes von Placebo, Klinische Studien und therapeutische Praxis, gleichermaßen berücksichtige. Dabei werde nicht zuletzt auf die ethische Problematik, aber auch auf die weniger bekannten rechtlichen Rahmenbedingungen detailliert eingegangen. „Das gilt insbesondere in Hinblick auf eine Sondergruppe, die Nicht-Einwilligungsfähigen, zu denen in der Literatur über Placebo bislang wenig zu finden war“, betonte Scriba.

Die Wissenschaftler weisen in ihrer Stellungnahme darauf hin, dass die Mechanismen des Placeboeffekts trotz intensiver Forschungsbemühungen nur teilweise geklärt sind. Eine der wichtigsten Erkenntnisse der Forschung sei, „dass der Placeboeffekt hirnphysiologisch und –anatomisch lokalisierbar ist“. So lege eine Vielzahl von Studien nahe, dass vor allem die Aktivierung der Stirnlappen die Wirkungsweise des Placeboeffekts erklären kann. Jütte, der auch Leiter des Instituts für Geschichte der Medizin der Robert Bosch Stiftung ist, betonte, dass Placebos nicht nur in der klinischen Forschung als Kontrollgruppe eine zentrale Rolle spielten. Zahlreiche Studien belegten, dass sie in unterschiedlichster Form auch in der therapeutischen Praxis eingesetzt würden. So komme eine aktuelle Studie aus der Schweiz zu dem Ergebnis, dass die große Mehrheit der Schweizer Hausärzte Placebo einsetze. Dabei griffen 57 Prozent auf sogenannte Pseudo-Placebos zurück, also zum Beispiel Arzneistoffe mit extrem niedriger Wirkstoffdosis. Eine Minderheit von 17 Prozent verabreiche reine Placebos, sogenannte Zuckerpillen. „Es besteht allerdings in der therapeutischen Praxis nicht nur Unsicherheit, sondern auch Unkenntnis darüber, inwieweit eine Placebogabe in ethischer und rechtlicher Hinsicht erlaubt, vielleicht sogar geboten ist“, sagte Jütte.

Die Experten des Wissenschaftlichen Beirats halten die bewusste Anwendung von Placebo in der therapeutischen Praxis für vertretbar. Voraussetzung sei aber, dass in dem jeweiligen Einzelfall keine geprüfte wirksame (Pharmako-)therapie vorhanden ist, es sich um relativ geringe Beschwerden handelt und Aussicht auf Erfolg einer Placebobehandlung bei dieser Erkrankung besteht.

Quelle Bundesärztekammer

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