Freitag, 10. Juli 2009

Kinder,Internet- und Computerabhängigkeit

Kriminologisches Forschungsinstitut Niedersachsen e.V. Das Kriminologische Forschungsinstitut Niedersachsen hat eine neue repräsentative Schülerbefragung zur Computerspielabhängigkeit Jugendlicher vorgelegt.
Dabei dürfte es kaum verwundern, das die Ergebnisse der Studie einen doch relativ hohen Prozentsatz exzessiv den Computer nutzender Jugendlicher ergab.
Exzessiv im Sinne einer schon bestehenden oder möglichen Abhängigkeit.

Natürlich mag es stimmen, dass der Computer aus dem modernen Kinderzimmer nicht mehr wegzudenken ist, bestimmen doch soziale Netzwerke wie z.B. ICQ, Schüler-VZ, Facebook oder neu Twitter immer mehr die Art der Kommunikation. Und ist es auch die Schule, die mit ihren Anforderungen den Einsatz des Internets zur Informationsbeschaffung praktisch voraussetzt. So ist der Jugendliche ohne Internetanschluss durchaus schon benachteiligt, auch wenn dies von offiziellen Stellen nicht gerne gehört wird.

Doch neben der durchaus sinnvollen Nutzung des Computers und des Internets im Rahmen der Informationsbeschaffung, zum Lernen, der Erledigung von Büroarbeiten und der Kommunikation über Grenzen hinweg bestimmt eine weitere Komponente verstärkt die Nutzung des Computers bzw. des Internets. Computerspiele -exzessiv vor allem Onlinespiele- als persönlichkeitsbeeinflussende soziale Komponente im Leben Jugendlicher.

Natürlich war es schon immer so und auch durchaus sinnvoll, das (Lern)Spiele ihren Reiz durch ein Belohnungssystem erzielen. So ist es sicherlich verständlich, dass trockene Mathematiklernspiele aufgelockert werden durch als Belohnung für erzielte Erfolge eingebettete kurze Spiele zur Unterhaltung und Entspannung.

Doch wie ist es zu beurteilen, wenn Jugendliche z.B. durch das Erreichen eines neuen Levels oder einer neuen Waffe virtuell belohnt werden, wenn sie möglichst viele virtuelle Feinde getötet haben?
Zumal die Computerspiele neuester Generation eine virtuelle Welt erschaffen, die so realistisch wirkt, das der Spieler in dem einem oder anderem Fall den Unterschied kaum noch erkennen kann. In diesem Zusammenhang ist wohl auch auf die -wenn auch glücklicherweise seltenen- Massaker an Schulen zu verweisen. In den meisten Fällen ergibt sich aus der Presse später, dass die Betreffenden exzessiv in eine Computerspielwelt eingetaucht waren. Und den Kontakt zur Wirklichkeit verloren hatten.

So ist die Nutzung des Computers und des Internets durchaus kritisch zu sehen.
Eben nicht in der Funktion als Mittel zum sinnvollen Zweck, sondern in der Funktion als Ersatz sozialer Kontakte, zur virtuellen Selbstbestätigung, zum Ausleben unterdrückter Hassgefühle (Thema Cyber-Mobbing) oder als Elternersatz. Wie gefährlich ist es, wenn Kinder und Jugendliche Sozialverhalten nicht mehr in den üblichen zwischenmenschlichen "realen" Situationen erlernen, sondern in virtuellen Welten ihre Erfahrungen sammeln? Die Antwort dürfte uns allen bewußt sein.





Hier nun die Zusammenfassung der Studie, den kompletten Forschungbericht finden sie hier: Kriminologisches Forschungsinstitut Niedersachsen

Zusammenfassung
In den Jahren 2007 und 2008 haben 44.610 Schülerinnen und Schüler neunter Klassen an einer vom Bundesinnenministerium geförderten, bundesweit repräsentativen Schülerbefragung des KFN teilgenommen.
Jedem dritten Befragungsteilnehmer (N = 15.168) wurde dabei ein umfassendes Zusatzmodul zur Internet‐ und Computerspielnutzung vorgelegt. 4,3 Prozent der Mädchen und 15,8 Prozent der Jungen weisen ein exzessives Spielverhalten mit mehr als 4,5 Stunden täglicher Computerspielnutzung auf. Die Befunde der Untersuchung bestätigen zudem ein bedeutsames Abhängigkeitspotenzial von Video‐ und Computerspielen.

Basierend auf einer neu entwickelten Computerspielabhängigkeitsskala,
die sich eng an die Klassifikation des ICD‐10 anlehnt, werden 3 Prozent der
Jungen und 0,3 Prozent der Mädchen als computerspielabhängig und weitere 4,7 Prozent der Jungen und 0,5 Prozent der Mädchen als gefährdet diagnostiziert.
Multivariate Analysen zu den Entstehungsbedingungen von Computerspielabhängigkeit belegen, dass diese aus einer Wechselwirkung von Merkmalen auf Seiten des Spielers und Merkmalen auf Seiten des genutzten Computerspiels entsteht. Im Hinblick auf den Spieler haben sich spielmotivationale Aspekte, realweltliche Selbstwirksamkeitserfahrungen, Persönlichkeitseigenschaften und zurückliegende Traumatisierungserlebnisse als relevante Belastungsfaktoren erwiesen. Zum Spiel
zeigt sich, dass die Intensität des Abhängigkeit erzeugenden Potenzials mit der Art der Spielstruktur und der Vergabe virtueller Belohnungen sowie der Einbettung in eine soziale und persistente Spielumgebung variiert, und dass der Art des genutzten Spiels damit eine eigenständige Erklärungskraft für die Entstehung einer Computerspielabhängigkeit zukommt. Hierbei zeigt sich, dass World of Warcraft mit deutlichem Abstand das größte Abhängigkeitspotenzial entfaltet.
Die tägliche Spieldauer beträgt bei 15‐jährigen männlichen Nutzern dieses Spiels im Schnitt nahezu vier Stunden. 36 Prozent spielen mehr als 4,5 Stunden am Tag. Jeder Fünfte ist entweder als abhängigkeitsgefährdet (11,6 %) oder als abhängig (8,5 %) einzustufen. Diese Befunde werden durch Ergebnisse unseres Berliner Längsschnitt Medien bestätigt, einer Kohortenstudie an 1.156 Berliner Grundschülern.
Auch hier zeigt sich, dass bestimmte Computerspielmerkmale bereits im Kindesalter ein problematisches bzw. abhängiges Spielverhalten verursachen oder verstärken können.

Aus diesen Erkenntnissen leiten sich neben einem großen Bedarf an weiterer Forschung verschiedene gesundheitspolitische und jugendschutzrechtliche Folgerungen ab. Hierunter fällt, dass der Jugendmedienschutz in Hinblick auf Computerspiele künftig Merkmale zum Gegenstand des Prüfverfahrens machen muss, die auf ein erhöhtes Abhängigkeitspotenzial schließen lassen. Spiele, für die ein erhöhtes Abhängigkeitspotenzial empirisch belegt wurde, sollten nur für Erwachsene freigegeben
werden.


2 Kommentare:

Samanta hat gesagt…

Hallo,
Sehr schöner Bericht.Hoffentlich mehrere Eltern lesen diese Seite,da es schon sehr wichtig für die Gesund ihren Kinder ist.Die Wunder Internet-so nützlich und gleichzeitig sehr gefährlich.Danke.

Gruß Samanta.

Anonym hat gesagt…

Danke sehr an den Autor.

Gruss Elena

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