Sonntag, 16. November 2008

Sportstudie: Kindern fehlt es an der richtigen Bewegung

Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) brachte mit einem Satz auf den Punkt, was Sportwissenschaftler auf 500 Seiten im Detail beschrieben:

«Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr.» Mit Blick auf den «Zweiten Deutschen Kinder- und Jugendsportbericht» heißt das: Wer nicht schon als Kind die richtigen Grundlagen vermittelt bekommt, wird sich auch später nicht durch Sport fit und gesund halten. Dabei geht es dem von der Essener Krupp-Stiftung initiierten Projekt nicht um den Aufstieg vom Talent zum Weltmeister, sondern um das Erlernen motorischer Grundlagen, das Miteinander der Kinder und um ein gesundes Leben.



«Die Kinder sollen sich viel bewegen, am besten täglich», ist die Kernaussage des Berichts - in der Freizeit, im Kindergarten und in der Schule, und zwar unter Anleitung entsprechend ausgebildeter Erzieher, Lehrer und Trainer im Verein.

Gerade da liegt für die Sportwissenschaftler einiges im Argen. Kaum ein Erzieher im Kindergarten habe eine vollständige Ausbildung erhalten, wie er sportliche Bewegung vermitteln soll. An Grundschulen leiteten meist fachfremde Lehrer den Sport, im Verein werde manchmal der Hochleistungsgedanke in Kinderjahren übertrieben.

Das wollen die Sportwissenschaftler ändern. Der Leiter des Kindersportberichts, der Essener Prof. Werner Schmidt, schaut auf die Nachbarländer in Europas Norden. Sie liegen in Vergleichen vorn, auch im Sport. «Die Skandinavier investieren drei- bis viermal mehr im Grundschulbereich. Auch in den Kindergärten haben die Erzieher viel mehr Möglichkeiten, weil allein schon mehr ausgebildetes Personal zur Verfügung steht», sagt Schmidt. In Deutschland geht es zumindest im Kindergarten voran. Es gibt sogenannte Bewegungskindergärten. So kümmert sich in Essen ein Diplom-Sportlehrer um einige Einrichtungen. 100 solcher Bewegungskindergärten gibt es in Nordrhein-Westfalen. Andere Bundesländer sind ebenfalls am Ball.

Beim Thema Schulsport zucken dagegen selbst Lehrer mit den Achseln. «Wir fahren die Kinder mit dem Bus zur zehn Kilometer entfernten Schwimmhalle, lassen sie zehn Minuten ins Wasser und fahren sie dann wieder zurück», erzählt der Rektor einer Dortmunder Schule. Die Turnhalle der Schule ist dazu ebenso marode wie überlastet, der Sportplatz Brachland.

«Die Möglichkeiten des Sports müssten in Deutschland wesentlich systematischer ausgeschöpft werden als bisher», betonen die Verfasser der Studie. Im Mathe-Unterricht könnten die Kinder zum Beispiel Rechnungen körperlich nachvollziehen. So lassen sich 100 Meter einfach ablaufen. «Bewegung fördert das Lernen», heißt es. «Wer sich mehr bewegt, ist auch in der Schule besser und legt ein besseres Sozialverhalten an den Tag», mahnt der Sportbericht. «Warum», so fragt sich Schmidt, «sind dazu nicht alle Sportangebote umsonst?». So manche auf Hilfen angewiesene oder kinderreiche Familie könne sich nicht einmal den Vereinsbeitrag leisten.

Eine Studie der Berliner Humboldt Universität untermauert Annahmen über positive Auswirkungen von spielerischen Bewegungsangeboten im Vorschulalter. Nach zwei Jahren zusätzlichen Angebots hatten die Kinder weitaus bessere Fertigkeiten erlangt als eine Kontrollgruppe. Auch schnitten die aktiveren Kinder besser bei Blutdruckmessungen ab.
Ein Allheilmittel gegen Übergewicht ist Sport aber nicht. «Ob Vereinssport, im Freien spielen oder richtige Ernährung, da haben immer noch die Eltern ein hohes Gewicht», sagt Schmidt.

Quelle aponet.de

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