Dienstag, 11. März 2008

Schavan: "Bonn wird Standort für Deutsches Demenzzentrum"

Forschung soll in neuem Helmholtz-Zentrum gebündelt werden
"Wir bündeln unter dem Dach des neuen Zentrums für Neurodegenerative Erkrankungen international führende Forschung zu Krankheiten wie Alzheimer oder Parkinson. Durch Erforschung von Krankheitsursachen, neue Möglichkeiten der Prävention und Früherkennung, die Entwicklung wirksamer Therapien und die besten Formen der Pflege und Versorgung wollen wir den Menschen ein besseres Leben ermöglichen", sagte Bundesforschungsministerin Annette Schavan am Dienstag in Berlin.

Nachdem die von ihr eingesetzte Gründungskommission zu einer Entscheidung gekommen ist, steht fest: Das Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen wird in Bonn angesiedelt - unter Einbindung des Universitätsklinikums Bonn, der Forschungseinrichtung CAESAR, des Max-Planck-Instituts für Alternsforschung in Köln und der neurowissenschaftlichen Forschung des Helmholtz-Forschungszentrums Jülich. Das Zentrum wird "Helmholtz-Zentrum Bonn - Deutsches Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen" heißen. Dem Kernzentrum werden zunächst sechs starke Partnerstandorte in Göttingen, München, Tübingen, Magdeburg, Witten und Rostock/Greifswald an die Seite gestellt. Außerdem wird Dresden mit einer Anschubfinanzierung ausgestattet, um künftig Partnerinstitut zu werden. Es ist beabsichtigt, dass künftig weitere Partner dazukommen. "Wir stärken die exzellente neurowissenschaftliche Forschung in Deutschland und stellen für das Kernzentrum und die Partnereinrichtung Mittel in Höhe von insgesamt 60 Millionen Euro pro Jahr zur Verfügung", sagte Schavan.

Neurodegenerative Erkrankungen, zu denen Parkinson und Demenzen wie Alzheimer gehören, stellen eine extrem hohe Belastung für Betroffene und Angehörige dar und führen zu außerordentlich hohen Kosten im Gesundheitssystem. In Deutschland leiden derzeit rund eine Million Personen über 65 Jahren an den Folgen einer Demenz, und die Zahl der Neuerkrankungen liegt bei rund 200 000 Neuerkrankungen pro Jahr. Aufgrund des demografischen Wandels wird sich diese Situation weiter verschärfen. Ohne neue Präventionsmaßnahmen und ohne die Entwicklung von neuen Therapieverfahren wird sich die Zahl der Demenzerkrankten auf über vier Millionen erhöhen, wovon 40 Prozent so schwer erkrankt sein werden, dass sie nur in Pflegeheimen betreut werden können.

Daher hatte die Bundesregierung auf der Klausurtagung in Meseberg im August 2007 beschlossen, ein Institut für Neurodegenerative Erkrankungen zu gründen. Schavan beauftragte den Präsidenten der Helmholtz-Gemeinschaft Prof. Jürgen Mlynek mit der Einsetzung einer Gründungskommission unter Vorsitz von Prof. Johannes Dichgans von der Universität Tübingen und Prof. Otmar Wiestler vom Deutschen Krebsforschungszentrum in Heidelberg.

Auf eine bundesweite Ausschreibung, in der alle 36 Universitäten mit Medizinischer Fakultät aufgefordert waren, einen Vorschlag für einen Kern- oder Partnerstandort zu unterbreiten, hat die Kommission 23 Anträge erhalten. Davon bezogen sich acht auf ein Kernzentrum und 15 auf einen Partnerstandort. Nach einer gründlichen Vorauswahl waren zehn Standorte zu einer mündlichen Anhörung am 6. und 7. März 2008 in Heidelberg eingeladen.

Nach Einschätzung der Kommission besteht am Standort Bonn eine exzellente Basis in den Klinischen Neurowissenschaften. Daneben gelingt es dem Standort Bonn in besonderer Weise, die Umsetzung interessanter Forschungsbefunde in die klinische Praxis voranzutreiben. Beeindruckt hat die Auswahlkommission weiterhin das wissenschaftliche Umfeld mit der Universität Bonn, dem Forschungszentrum Caesar, dem neu gegründeten Max-Planck-Institut für Biologie des Alterns in Köln, dem DFG-geförderten Exzellenzcluster Alternsforschung an der Universität zu Köln und dem Forschungszentrum Jülich mit seinen exzellenten Möglichkeiten der Bildgebung des menschlichen Körpers. Dabei erschien der Expertengruppe die molekulare Alternsforschung als besonders attraktives Zukunftsgebiet.


Die Partnerstandorte wurden auf folgender Grundlage ausgewählt.

München:
Die Grundlagenforschung zur Alzheimer-Krankheit hat an diesem Standort Weltniveau. Sie wird den nationalen Verbund daher wesentlich verstärken. Beeindruckt haben zudem die Unterstützung durch zwei Exzellenzuniversitäten und das Helmholtz-Zentrum München. Mit der Förderung als Partnerstandort möchte die Kommission auch bewirken, dass eine noch engere Verbindung zwischen der Grundlagenforschung und der klinischen Forschung auf dem Gebiet der neurodegenerativen Erkrankungen erreicht wird.

Göttingen:
Der Standort Göttingen ist international ausgewiesen auf dem Gebiet der Neurobiologie mit starken universitären und außeruniversitären Partnern. Beeindruckt hat hier auch die führende Rolle bei der Durchführung innovativer klinischer Studien für die Alzheimer-Krankheit. Mit der Förderung ist die Erwartung verbunden, dass das Land das zentrale Gebiet der Bildgebung im Nervensystem im Rahmen des Förster-Instituts konsequent unterstützt.

Tübingen:
An diesem Standort hat insbesondere das hohe Niveau der Forschungsarbeiten zur Parkinson-Krankheit, zu Tiermodellen des Morbus Alzheimer und zu den kognitiven Neurowissenschaften beeindruckt. Als besonders attraktiv wird die Kombination mit dem Hertie-Institut für klinische Hirnforschung betrachtet. Hier zeichnet sich ein interessantes Modell der Interaktion zwischen der Helmholtz-Gemeinschaft, der Universität und der auf dem Gebiet der Neurowissenschaften sehr erfolgreich fördernden Gemeinnützigen Hertie-Stiftung ab.

Magdeburg:
Mit kognitiver Hirnforschung und Neuromodulation auf internationalem Spitzenniveau bringt dieser Standort ein ganz wesentliches Gebiet in den Verbund mit ein. Hier zeichnet sich eine attraktive Partnerschaft zwischen der Helmholtz-Gemeinschaft, der Leibniz-Gemeinschaft und der Universität ab.

Witten:
Die Gründungskommission misst den Aspekten von Pflege, Versorgung sowie Themen einer alternden Gesellschaft eine besonders große Bedeutung zu. Auf diesem Sektor hat der Standort Witten einen überzeugenden Vorschlag unterbreitet.

Mecklenburg-Vorpommern:
Vertreter aus Rostock und Greifswald haben ein Modellprojekt zur "Verbesserung der Versorgungssituation älterer Demenzkranker in einer demographischen Fokusregion" vorgestellt. Dieses Projekt baut auf bereits gut etablierten Strukturen von Demographie, Community Medicine, klinischer Demenzforschung und Epidemiologie in der Region Rostock und Greifswald auf. Neben der Universität leisten das Max-Planck-Institut für demografische Forschung, die Alzheimer-Gesellschaft und der Rostocker Diakonieverein wesentliche Beiträge.

Dresden:
Für künftige Behandlungsstrategien neurodegenerativer Erkrankungen werden neue Möglichkeiten der Regeneration und der neuronalen Stammzellbiologie eine große Bedeutung erlangen. Auf diesem Gebiet leistet der Standort Dresden einen wertvollen grundlagenwissenschaftlichen Beitrag, an welchem sich die Technische Universität Dresden, das Max-Planck-Institut für Molekulare Zellbiologie und Genetik und das DFG-Forschungszentrum "Regenerative Therapien" beteiligen. Um die translationale und klinische neurowissenschaftliche Forschung an diesem Standort zu stärken, soll eine Anschubfinanzierung im Bereich der klinischen und translationalen Neurowissenschaften zur Verfügung gestellt werden.

Die Mitglieder der Kommission hatten nach Abschluss des Anhörungsverfahrens den Eindruck, dass die Gebiete Pflege und Versorgungsforschung sowie Gerontologie eine noch stärkere Berücksichtigung finden sollten. Daher wurde von ihnen empfohlen, zu diesem Thema einen eigenen Bereich im Kernzentrum einzurichten und ggf. in einem weiteren Ausschreibungsverfahren zusätzliche Partnerstandorte auszuwählen.

Quelle Bundesministerium für Bildung und Forschung

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