30.11.2007
Angst und Panik können sich abbauen, wenn Patienten sich an belastende Erfahrungen erinnern und dabei gleichzeitig beide Gehirnhälften durch Augenbewegungen stimuliert werden.
Münster (ukm). Endlich wieder zum Zahnarzt gehen zu können, das ist das Behandlungsziel einer Studie, die der Bereich Psychosomatik in der Zahnheilkunde an der Poliklinik für Zahnärztliche Prothetik am Universitätsklinikum Münster (UKM) durchführt. Was den meisten Menschen unangenehm, aber notwendig erscheint, stellt für rund elf Prozent der Bevölkerung eine unüberwindbare Hürde dar: Der Gang zum Zahnarzt. Diese Menschen leiden unter einer so genannten Zahnbehandlungsphobie.
"Studien belegen, dass wir bei einem Großteil der Betroffenen eine solche Phobie mit drei bis vier psychotherapeutischen Sitzungen zumindest erheblich lindern können, so dass eine Zahnarztbehandlung für die Betroffenen wieder möglich wird", erklärt Universitätsprofessor Dr. Stephan Doering, Psychosomatiker und wissenschaftlicher Leiter der Studie.
Wissenschaftler fanden heraus, dass Patienten mit einer krankhaften Angst vor der Zahnbehandlung sehr oft eine für sie belastende Situation bei einem Zahnarztbesuch - meist in der Kindheit - erlebt haben. Darüber hinaus zeigt ein Teil der Betroffenen einige der Symptome, die auch Menschen mit einer posttraumatischen Belastungsstörung haben. Diese Menschen leiden unter Alpträumen, die Erinnerung an die traumatisierende Situation läuft plötzlich und unkontrolliert immer wieder vor dem inneren Auge ab, Reizbarkeit und Ängstlichkeit verstärken sich über die Jahre. Die Folge: Alles, was mit der Belastung zu tun hat, wird vermieden. Relativ erfolgreich behandelbar sind solche Traumaerfahrungen mittels EMDR-Therapie. Dabei geht es darum, die beiden Gehirnhälften mittels Augenbewegungen abwechselnd zu stimulieren, nachdem zuvor die traumatischen Erinnerungen hervorgerufen wurden. Und genau diese Form der Traumabehandlung, die seit Kurzem als psychotherapeutisches Verfahren von den Krankenkassen anerkannt ist, machen sich die Wissenschaftler am UKM jetzt zunutze. Denn was Traumapatienten hilft, könnte auch bei Zahnbehandlungsphobie wirken.
30 Betroffene suchen Doering und sein Team jetzt. In drei Sitzungen von jeweils 90 Minuten lernen die Teilnehmer zunächst, sich zu entspannen und das Gefühl innerer Sicherheit zu erleben. Danach folgt das Kernstück der Behandlung, die Erinnerung an die belastende Erfahrung und die Augenbewegungen. Hierzu lässt der Therapeut seinen Finger vor den Augen des Patienten hin und her wandern. Dieser folgt dem Finger mit dem Auge und stimuliert so abwechselnd beide Gehirnhälften. Untersuchungen in Holland haben gezeigt, dass bei den dortigen Patienten die Dramatik der inneren Bilder nachließ, Angst und Panik bauten sich ab, die Vorstellung, zum Zahnarzt zu gehen, verlor schon während der Behandlung an Schrecken.
In Münster erwartet man ähnliche Ergebnisse. Verhaltenstests und Untersuchungen, die die Aktivität der Hirnrinde messen, während der Proband Bildern, Tönen und Gerüchen eines Zahnarztbesuchs ausgesetzt ist, begleiten die mehrwöchige Studie. Nach Abschluss der Behandlung steht ein Besuch in der Zahnklinik an, bei dem eine Zahnreinigung erfolgt. Danach kann - falls nötig - die weitere Zahnbehandlung wieder beim Hauszahnarzt erfolgen. Wichtig für Interessierte zu wissen: Die Tests können jederzeit abgebrochen werden.
"Wir glauben, dass eine gute Heilungschance besteht, so dass unsere Patienten nach Abschluss der Behandlung wieder zu einem Zahnarzt gehen können", erklärt Doering.
URL dieser Pressemitteilung: http://idw-online.de/pages/de/news238085
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft - idw
Freitag, 30. November 2007
Durch Augenbewegung die Angst vor dem Zahnarzt überwinden
Eingestellt von
Dietmar
um
14:54
Labels: Psyche allgemein
Abonnieren
Kommentare zum Post (Atom)
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen