Donnerstag, 17. September 2015

Wie prägt Stress im Mutterleib unsere Gesundheit im späteren Leben?

Das Symposium „Prenatal Stress and Brain Disorders in Later Life” vom 20. bis 22. September in Berlin widmet sich erstmals spezifisch der Frage, welche Auswirkungen vorgeburtlicher Stress langfristig auf die Gesundheit und die Ausbildung von Krankheiten hat. In einer anschließenden Summer School in Jena können Studierende und junge Wissenschaftler praktische Kenntnisse über Planung und Durchführung von Studien zu diesem Thema erwerben.

Die Neigung zu Erkrankungen wie ADHS, Depression, Schlaganfall oder Demenz und deren große Verbreitung lässt sich durch genetische Faktoren oder einen ungesunden Lebensstil nicht ausreichend erklären. Neuere Erkenntnisse zeigen, dass die Fetalperiode eine wesentliche Rolle bei der Entstehung einer Prädisposition für die Entwicklung dieser Erkrankungen spielt. „Offensichtlich bewirken ungünstige Umweltbedingungen in kritischen Phasen der fetalen Organentwicklung eine dauerhafte Anpassung der Organfunktionen oder –struktur an zu erwartende schlechte Umweltbedingungen. Dabei wird das Auslesen von Genen lebenslang verändert“, so Prof. Dr. Matthias Schwab vom Uniklinikum Jena. Der Neurologe koordiniert den EU-Forschungsverbund BrainAge. Die beteiligten Wissenschaftler erforschen diesen als „Fetale Programmierung“ bezeichneten Vorgang und stellen ihre Ergebnisse auf dem Symposium vor.

Die wesentlichsten Umwelteinflüsse auf das Baby im Mutterleib sind Stress und eine ungünstige Nährstoffversorgung. Solche Stresssituationen für das Baby können etwa bei psychischer Belastung der Mutter oder schon bei moderater Mangelernährung auftreten, z.B. durch zu wenig Nahrungsaufnahme der Mutter oder eine Plazentastörung, die insbesondere bei älteren Schwangeren nicht ungewöhnlich ist. Der Stress im Mutterleib beeinflusst die Hirnentwicklung und erhöht die Stressempfindlichkeit im späteren Leben.

„Biologisch gesehen ist eine erhöhte Stressempfindlichkeit zunächst erst einmal positiv“, erklärt Matthias Schwab. „Optimierte stressspezifische Reaktionen wie Flucht und Aufmerksamkeitsfokussierung sind wichtige Anpassungsmechanismen, die während der Evolution das Überleben sicherten.“ Eine stressbedingte Aufmerksamkeitsfokussierung hat jeder schon selbst erfahren: So konzentriert man sich in Prüfungssituationen völlig auf das Thema und denkt nicht über andere Dinge nach.

Allerdings ist eine erhöhte Stressempfindlichkeit auch mit negativen Auswirkungen verbunden. Es gibt eine Reihe von Stress assoziierten Erkrankungen wie das ADHS, Depressionen und hohen Blutdruck und Hinweise darauf, dass eine erhöhte Stressempfindlichkeit das Schlaganfallrisiko erhöht, zu kognitiven Störungen und zu einer früheren Hirnalterung führt.

Im von der Europäischen Union geförderten Projekt „Impact of Prenatal Stress on BRAIN AGEing“, arbeiten Molekularbiologen, Psychologen, Fetal- und Neurophysiologen aus fünf europäischen Ländern und den USA zusammen. Sie untersuchen in experimentellen Projekten und Studien die Mechanismen, die zur erhöhten Stressanfälligkeit und in der Folge zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder neurodegenerativen Störungen führen. Eine bessere Kenntnis dieser Prozesse ist die Voraussetzung dafür, dass frühe Interventionen und Therapien entwickelt werden können.

Auf dem Symposium in Berlin diskutieren renommierte Wissenschaftler aus aller Welt die neuesten Erkenntnisse zu diesem Thema. In einer anschließenden zweitägigen Summer School am Universitätsklinikum Jena führen die Wissenschaftler Studierende und junge Nachwuchsforscher in das Thema ein und vermitteln ihnen praktische Kenntnisse, z. B. wie eine Kohortenstudie mit Patienten geplant und durchgeführt wird oder wie man das Stressempfinden von Kindern ermitteln kann.

quelle Informationsdienst Wissenschaft idw

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