Sonntag, 7. November 2010

Was tun gegen Mobbing 2.0?

Ob im Chat, im sozialen Netzwerk oder auf der Spielplattform – online auf Mitschüler zu treffen, ist nicht immer lustig. Manchmal fangen Klassenkameraden an, Gemeinheiten zu verbreiten. Dafür missbrauchen sie auch ihr Handy.

Anne* surft im SchülerVZ. Sarah aus dem Turnverein hat ihr die Freundschaft angeboten. Anne klickt – schwupps zählt ihr Profil eine neue Online-Freundin. Klick, klick, auf Nicos Seite leuchten neue Fotos vom Klassenausflug. Klick, Nico beim Grimassenschneiden. Klick, der Mathelehrer hektisch winkend vor dem Bus. Klick – und Anne erstarrt. Nico hat ihren Po fotografiert – frontal von hinten beim Einsteigen in den Bus. Unter dem Bild steht als Kommentar: „Mann, ist der dick, Mann.“ Hitze schießt in Annes Gesicht. „Mein Po ist doch nicht zu dick? Das sehen ja jetzt alle“, rast es ihr durchs Hirn.


Ob verunglimpfende Fotos im sozialen Netzwerk, gestreute Gerüchte im Chat oder Beschimpfungen per SMS – in den neuen Medien wuchert eine neue Form des Mobbings. Das sogenannte Cybermobbing. „Cybermobbing zieht in vielen Fällen weitere Kreise als herkömmliches Mobbing“, erklärt Medienpädagogin Rebecca Maier von der Kinder- und Jugendberatung „Nummer gegen Kummer“. In der mobilen Welt kennt die Schikane keine Pausen, keinen Schulschluss und keine Ferien. Gemobbte Schüler stehen unter Dauerbeschuss. Im Internet verbreiten sich Informationen in Sekundenschnelle mit größter Streubreite: Über Foren, Einladungsfunktionen oder Massenmails erreichen Mobbingtäter mit einem Klick ihren gesamten Bekanntenkreis.

14 Prozent der Jugendlichen in Deutschland zwischen zwölf und 19 Jahren geben an, über sie sei schon einmal Falsches oder Beleidigendes im Internet verbreitet worden, sagt die JIM-Jugendstudie 2009 des Medienpädagogischen Forschungsverbundes Südwest. Für die Betroffenen ist jeder Vorfall einer zuviel, warnt Professor Norbert Schneider, der Direktor der Landesanstalt für Medien Nordrhein-Westfalen: „Cybermobbing-Attacken sind virtuell, hinterlassen aber echte Wunden.“

Cybermobbing-Attacken sind virtuell, hinterlassen aber echte Wunden
So wie bei Anne. Die starrt zunächst unglücklich auf den Bildschirm und weiß nicht, was sie tun soll. „Das Wichtigste ist, dass die Kinder wissen, dass sie die Verletzung nicht hinnehmen müssen“, erklärt Medienpädagogin Maier bestimmt. „Wir raten den Kindern zum Beispiel, sofort dem Betreiber der Webseite zu melden, dass ihre Persönlichkeitsrechte verletzt wurden.“ Facebook, SchülerVZ oder Lokalisten haben dafür inzwischen eigene Buttons namens „eine Person melden“ oder „petzen“. Nach eigener Aussage ahnden die Netzwerke Mobbing mit Verwarnungen oder mit vorübergehendem oder endgültigem Löschen des Profils des Täters. Die Fachleute der „Nummer gegen Kummer“ empfehlen betroffenen Kindern außerdem, den Absender zu ignorieren, ihn zu blockieren oder ihre Datenschutzeinstellungen strenger zu verwalten.

„Aber auch das Löschen der Beleidigung online reicht nicht“, sagt Maier. Denn typischerweise kennen sich Mobbende und Gemobbte. So wie Anne und Nico. Ihr Konflikt miteinander bleibt bestehen. Nico ärgert Anne längst nicht nur virtuell: Auch im Unterricht äfft er sie neuerdings ständig nach. „In der Regel können Kinder Mobbingprobleme nicht allein lösen. Deshalb raten wir ihnen, sich bei Freunden oder Erwachsenen, denen sie vertrauen, Hilfe zu suchen.“ Auf diesem Wege steigen die Chancen erheblich, dass nicht nur die Cyberwelt, sondern auch die reale Welt wieder ein angenehmer Ort werden.

*Namen geändert.

Die Jugendinfo Bremen rät zur Vorbeugung von Cybermobbing:

•Sorgsam mit den eigenen Daten: Je mehr Informationen jemand online stellt, desto größer ist die Angriffsfläche. Deshalb möglichst selten Namen oder Kontaktdaten preisgeben. In sozialen Netzwerken nur Kontakt zu wirklichen Freunde knüpfen.
•Mit Bedacht äußern: Prinzipiell kann online jede Aussage mit einigen Klicks an unzählige andere weitergegeben werden. Also vorher sorgfältig überlegen.
•Sich informieren: Wer den eigenen Namen googelt, findet ganz schnell heraus, wo er in welchem Kontext auftaucht und kann gegen Unliebsames vorgehen.
•Nicht reagieren auf Attacken: Auf direkte Belästigung per Mail, Chat oder SMS gar nicht erst einlassen. Antworten spornen den Attackierer oft erst an. Deshalb die Belästigungen lieber ignorieren oder die Webseiten-Betreiber zum Löschen auffordern.
•Beweise sammeln: Um sich gegen die Mobber zu wehren, ist es nützlich, beleidigende Emails und SMS aufzuheben oder Screenshots von Angriffen auf Webseiten zu machen.

Wo gibt’s noch mehr Hilfe? Ansprechpartner für Schüler

Was ist Mobbing? Wann ist ein Konflikt "normal" und wann "Mobbing"? Was können Schüler tun, die gemobbt werden? Antworten auf diese und andere Fragen finden Sie hier.

Quelle Schulministerium NRW

Keine Kommentare:

© terrapie´s PsychoBlog. Alle Rechte vorbehalten. Das Downloaden und die Vervielfältigung sämtlicher Inhalte bedarf der Zustimmung des entsprechenden Autors.Verlinkungen dürfen ohne Zustimmung der Autoren gemacht werden.