Mittwoch, 17. Oktober 2007

Impfung für Raucher. Weg aus der Sucht?

Die Impfung gegen Rauchen wird bereits an Menschen getestet. „In spätestens drei Jahren ist das erste Produkt auf dem Markt“, schätzt der Leiter des staatlichen Institutes gegen Drogenmissbrauch in den USA, Frank Vocci. Doch nicht alle glauben an den Erfolg.

17.10.07 - In Deutschland gelten 33 Prozent der Bevölkerung als nikotinabhängig. Hinzu kommen bis zu 300.000 Menschen, die illegale Drogen konsumieren. Auch gegen Kokain und Heroin sollen Impfstoffe entwickelt werden. Gegen Alkohol ist bisher keine Impfung in Sicht.

Der Durchbruch beim Rauchen gelang den Forschern mit einer ungewöhnlichen Paarung: Sie verbanden das Nikotinmolekül mit dem Eiweiß eines Krankheitserregers zum Beispiel aus dem Cholerabakterium. Damit waren die Testpersonen nach der Impfung mit dem neuen Partnermolekül nicht nur gegen Cholera immun, sondern ihr Körper blockierte auch die Wirkung des Nikotins.

In der ersten Phase sollen mit der Spritze Abhängige behandelt werden. Ein Raucher könnte sich dann monatlich von seinem Hausarzt impfen lassen, damit sein Körper immer mehr Antikörper gegen Nikotin bildet.
Wer trotzdem raucht, spürt die Wirkung des Nikotins nicht mehr
Vorteil gegenüber gängigen Entzugsmethoden: Wird ein Raucher nach der Spritze rückfällig, spürt er die Wirkung des Nikotins nicht mehr. Wer gleichzeitig weniger raucht, kann nach Angaben der Forscher in wenigen Monaten vom Glimmstängel loskommen.

Erweist sich die Behandlung als wirksam, kann sich der Experte auch die präventive Impfung beispielsweise von Jugendlichen gegen Drogen vorstellen. Bislang muss der Schutz allerdings alle drei Monate aufgefrischt werden. Außer den üblichen Nebenwirkungen einer Impfung - etwa ein Brennen der Einstichstelle oder ein leichtes Grippegefühl - verursache die Anti-Drogen-Spritze keine Probleme.



DIE ANDERE MEINUNG
Suchtexperten hegen Zweifel
Suchtexperten warnen vor überzogenen Hoffnungen. "Ich denke nicht, dass ein rein pharmakologisches Mittel helfen kann", sagt die Leiterin des Bereichs Suchtforschung und Suchttherapie an der Medizinischen Universität Wien, Gabriele Fischer. Bei Süchten spiele die Psyche eine mindestens genauso große Rolle wie der Körper.

Selbst wenn die Spritze kurzfristig gegen eine Drogensucht hilft, fürchtet Fischer, dass die Betroffenen in eine andere Abhängigkeit wie Magersucht abgleiten könnten. "Wir müssen die Krankheit im Gesamten sehen und Behandeln."

Wissenschaftliche Erkenntnisse stützen diese Einwände: Mediziner haben herausgefunden, dass bei jeder Art von Sucht ähnliche Prozesse im zentralen Nervensystem ablaufen - egal ob der Patient von Heroin oder von Computerspielen abhängig ist.

Für den Kick sorgt nicht allein der Wirkstoff

Auch löst nicht nur der Drogen-Wirkstoff im Körper etwas aus, allein der Glaube oder der Akt des Konsums reichen für einen "Kick". Wenn jemand ein Mittel einnimmt und dabei glaubt, dass es therapeutisch wirkt, werden allein durch diese Vorstellung im Gehirn Dopamin und Morphine ausgeschüttet und über das Opioidsystem das erwartete Wohlgefühl erzeugt, erklärt Jon-Kar Zubieta, Mediziner an der US-Universität Michigan.

Selbst für Vocci sind die Impfungen nicht die einzige Waffe im Kampf gegen die Sucht. Auch er hält eine psychologische Begleitung des Süchtigen für notwendig. "Wir wollen dem Patienten nicht einfach ein Medikament geben und dann ist alles gut", sagt er. Dennoch seien die Impfstoffe eine große Hilfe bei der Behandlung von körperlichen Entzugserscheinungen.
Miriam Bandar, dpa

Quelle: aerztlichepraxis.de

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