Sonntag, 31. Mai 2015

Lernerfolg per Software

Studenten haben aufgerüstet. In die Vorlesung nehmen sie schon lange nicht mehr nur Block, Bleistift und Bücher mit. Auf den hochgeklappten Tischen finden sich inzwischen ebenso viele Laptops wie Smartphones, denn ein drahtloser Zugang zum Internet ist in den meisten Hörsälen vorhanden. Damit sinkt jedoch auch die Aufmerksamkeit der Studenten. Ein Saarbrücker Informatik-Professor erkämpft sich diese nun zurück – mit einer Software, die unter anderem an der Universität des Saarlandes entwickelt wurde. Die Studenten haben positiv darauf reagiert.


Eine Gruppe von Informatik-Studenten hat sich im Hörsaal in einer der letzten Reihen gesetzt. Hinter aufgeklappten Laptops, flankiert von flachen Tablet-PCs und Smartphones, verfolgen sie die Einführungsvorlesung zur Programmierung, die von Bernd Finkbeiner, Informatik-Professor an der Universität des Saarlandes, gehalten wird. „Dass die Studenten mit Laptop und Co. in die Vorlesung kommen, ist heute eher die Regel als die Ausnahme“, so Finkbeiner. Allerdings habe man als Dozent immer das mulmige Gefühl, dass Studenten darauf nicht nur der Präsentation des Lehrstoffes folgen, sich Notizen machen, sondern auch ganz andere Dinge unternehmen.

Was Finkbeiner nur vermutet, haben Forscher des Lehrstuhls für Bildungstechnologie und Wissensmanagement an der Saar-Uni untersucht. Dazu analysierten sie 21 Vorlesungen auf Video aus den Bereichen Informatik, Wirtschaft und Pädagogik, filmten zusätzlich fünf Vorlesungen mit Zustimmung der Studenten und befragten die darin versammelten 664 Studenten mit einem Fragebogen. „Die Ergebnisse deuten an, dass eine Vorlesung nur noch schwach mit den studentischen Tätigkeiten während dieser zusammenhängt. Studenten nutzen mobile Endgeräte vornehmlich für andere Zwecke“, lautet ihr Fazit.

Finkbeiner setzte deswegen im vergangenen Wintersemester erstmals die Software „Backstage“ in der Vorlesung „Programmierung I“ ein. Entwickelt an der Universität des Saarlandes und der Ludwig-Maximilians-Universität München ermöglicht Backstage den Studenten eine Vielzahl von Funktionen, die sie sonst aus sozialen Netzwerken kennen. Sie können nicht nur die Folien, mit denen der Dozent den Lehrstoff präsentiert, am Laptop mitverfolgen, sondern unter anderem diese auch anonym kommentieren und mit virtuellen Fragezetteln bekleben. Gleichzeitig können sie über das Programm signalisieren, wenn der Dozent den Stoff zu schnell erklärt. Darüberhinaus sehen sie auch die Fragen ihrer Kommilitonen, können diese selber beantworten oder zumindest daraufhin bewerten, wie wichtig die Antwort auf diese Frage für den eigenen Lernerfolg ist.

„Die Fragen, die von den meisten Studenten als wichtig markiert wurden, kann ich mir während der Vorlesung direkt über Backstage anzeigen lassen und sofort beantworten“, erklärt Finkbeiner. Das sei sehr wertvoll, zumal sich bei über 200 Studenten im Hörsaal viele Studenten nicht trauen, mündlich nachzufragen, so Finkbeiner. Aus dem gleichen Grund nutzt er auch die Quiz-Funktionalität von Backstage. Ähnlich wie bei der Sendung „Wer wird Millionär“ kann er jederzeit eine Quizfrage einblenden und dafür Antworten vorgeben. Der einzelne Student kann über Backstage die richtige Antwort auswählen, das Gesamtergebnis sieht der Dozent sofort. Auf diese Weise erhält er einen weiteren Hinweis, ob er zur nächsten Lerneinheit voranschreiten kann oder den Stoff nochmals wiederholen soll.

Für die Studenten und Finkbeiner hat sich dieser Aufwand gelohnt. In der anschließenden Evaluation, die vom Lehrstuhl für Differentielle Psychologie und Psychologische Diagnostik durchgeführt wurde, gaben 143 von 181 Studenten der Vorlesung in punkto Organisation die Note 1. Unter den Freitextantworten zur Frage „Was fand ich besonders gut?“ tauchen immer wieder zwei Namen auf: Finkbeiner und Backstage.

Hintergrund Informatik an der Universität des Saarlandes
Den Kern der Saarbrücker Informatik bildet die Fachrichtung Informatik an der Universität des Saarlandes. In unmittelbarer Nähe forschen auf dem Campus sieben weitere weltweit renommierte Forschungsinstitute. Neben den beiden Max-Planck-Instituten für Informatik und Softwaresysteme sind dies das Deutsche Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI), das Zentrum für Bioinformatik, das Intel Visual Computing Institute, das Center for IT-Security, Privacy and Accountability (CISPA) und der Exzellenzcluster "Multimodal Computing and Interaction".


Weitere Informationen:
Internetseite der Software „Backstage“
http://backstage.pms.ifi.lmu.de/

Quelle Informationsdienst Wissenschaft IDW

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